Wurde das Strandsegeln in den Anfangsjahren rein zum persönlichen Vergnügen betrieben, hat sich die Disziplin seit den Siebziger Jahren stark professionalisiert. Insbesondere beim Regatta-Segeln gibt es strenge Reglements, über die international die FISLY (Federation Internationale de Sand et Land Yachting) wacht – wie etwa über die Segelklassen des rasanten Sports. In welcher Klasse man ein Rennen segelt, das entscheidet beim Strandsegeln die Größe von Gefährt und Segel sowie die Geschwindigkeit, die maximal erreicht werden kann.
Die Schnellsten
In der Klasse 2 sind die größten Wagen unterwegs: Die Segelfläche misst zwischen 8 und 11,3 Quadratmeter. Doch wer denkt, dass diese Klasse damit die schnellste sei, irrt. Denn die Fahrzeuge mit der größten Segelfläche haben zwar den größten Vortrieb, aber auch viel Widerstand. Sie erreichen eine Geschwindigkeit von 120 Km/h.
Idealmaße hat dagegen die Klasse 3: Mit bis zu 140 Km/h fliegen die Wagen in der schnellsten Klasse über den Strand. Sie hat mit einer Segelfläche von 5 bis 5,5 Quadratmeter die kleineren Segel als die Klasse 2 und damit weniger Widerstand. Sie ist die Formel 1 unter den Strandseglern. Eine Klasse 1 sucht man übrigens in dem rasanten Sport vergebens.
Die Konstrukteursklassen
Geschwindigkeiten von immerhin bis zu 95 Km/h erreichen die Strandsegler der Klasse 5. Für diese Yachten gibt es keine Hersteller, sie gilt daher als die Klasse der Konstrukteure. Die Wagen dürfen nur aus einem Rohrahmen gebaut werden und haben eine offene Schale. Die Segelfläche beträgt maximal 5,5 qm. Die Wagen dürfen nicht länger als 2,5 Meter und nicht breiter als 2 Meter sein. Diese Wagen sind so auch ideal für kleinere Personen und sehr sportlich zu segeln. Auf den deutschen Nordseeinseln ist sie immer noch die meistgefahrene Klasse, auch wenn ihre Zahl wegen des hohen technischen Aufwands bei Regatten abnimmt.


Mit der Klasse 5 Promo gibt es noch eine etwas kleinere Variante, die vor allen Dingen für Ausbildungszwecke und bei Jugendlichen eingesetzt wird. Sie unterscheidet sich vor allen Dingen mit kleineren Rädern von der Klasse 5 Sport, bringt es aber auch noch auf sehr flotte 80 km/h.
Die Standart-Klasse
Während bei den Modellen der Klasse 5 die Tüftler zum Zuge kommen, und sich ihr individuelles Gefährt maßschneidern können, ist das bei der Standartklasse nicht erlaubt: Die Bauvorschriften für diese Klasse sind festgelegt und dürfen nicht verändert werden. Mit ihr kann man eine Geschwindigkeit von 80 km/h erreichen.
Die Kleinen: Mini-Yachten
Besonders beliebt ist die Klasse mit den Mini-Yachten. Sie gibt es noch gar nicht so lange. Erstmals gingen sie bei der Weltmeisterschaft 2012 in Frankreich an den Start, seitdem haben sie immer mehr Liebhaber und stellen heute bei Regatten oft das größte Starterfeld. Sie müssen nicht konstruiert und geschraubt werden, sondern sind quasi „von der Stange“ bestellbar, und das schon zu Preisen ab 2.500 Euro. Zudem passen sie in jeden Kofferraum und sind so einfach zu transportieren. Die Mini-Yachten unterliegen bei Regatten anderen Regeln als die sonst üblichen für Strandsegler. So wird in der Mini-Klasse nicht aus dem Stand gestartet, sondern die Piloten kreisen – wie beim Wassersegeln – hinter der Startlinie, versuchen möglichst viel Speed aufzunehmen, um dann fliegend beim Startschuss über die Linie zu gehen. Auch bei den beliebten Mini-Yachten können Geschwindigkeiten von über 80 Stundenkilometern erreicht werden.
Strandsegeln in Deutschland und Europa
Standart, Klasse 2 und 3 werden auf den Ostfriesischen Inseln in aller Regel nicht am Strand gesegelt. In Deutschland wird das Fahren unter den beiden größten Segeln in St.-Peter-Ording praktiziert. Auf den Ostfriesischen Inseln sind die Klasse 5 (Vorgänger Mantas) und vor allen Dingen auf Borkum eher Mini-Yachten üblich. Der deutsche Obmann des Verbandes für die Klasse 5 ist Heiko Hartmann aus Emden. Wer sich genau über die Einteilung der Rennklassen beim Strandsegeln informieren will, findet auf der Webseite des deutschen Verbandes viele Fakten: https://www.ycspo.de/allgemein/segelklassen/.

Wegen Corona sind die Europameisterschaften 2020 ausgefallen. Die für 2021 finden aber voraussichtlich wieder statt auf der niederländischen Insel Terschelling, mit Strandsegelpiloten aus mehr als zehn Ländern. Piloten aus Frankreich, dem Land der Strandsegler, ergattern bei internationalen Wettkämpfen mit großem Abstand die meisten Titel und Trophäen, gefolgt von England. Deutschland, Belgien und die Niederlande teilen sich Platz drei unter den großen internationalen Strandseglernationen. Für die nächste Olympiade in Paris 2024 war das Strandsegeln sogar kurze Zeit im Gespräch als eine der Randsportarten, die ins Programm aufgenommen werden sollten, was aber schließlich nicht erfolgt ist.
Hintergrund: Bereits 1961 wurde in Deutschland der Yacht Club St. Peter-Ording (YCSPO) gegründet. Ganz entscheidend für die Entwicklung des Strandsegelns war die Gründung eines internationalen Verbandes. Nachdem sich Belgier und Deutsche 1958 bis 1960 gegenseitig zu ersten internationalen Regatten eingeladen hatten und 1961 die erste internationale Strandseglerwoche stattfand, waren die Weichen gestellt: Unter der Führung des Präsidenten der belgischen Strandsegelföderation (F.B.L.Y.C.), Bob Nyssens, traf man sich am 10. November 1962 in Brüssel. An dem Treffen nahmen Belgien, Deutschland, England und Frankreich teil. Die Verhandlungen dauerten insgesamt über zwei Tage. An deren Ende stand die Gründung der »Federation Internationale de Sand et Land Yachting«, kurz FISLY. Der YCSPO ist Gründungsmitglied der FISLY und wird in der heutigen Satzung nach wie vor als solches geführt. Andere Länder sind durch ihre Strandsegelverbände vertreten. (Quelle: YCSPO)
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Bildhinweise: Die Bilder dieses Beitrags wurden Ostfriesland Reloaded von Tobe und Thomas Bents, Langeoog, zur Verfügung gestellt. Sie wurden im September 2015 auf der Europameisterschaft in De Panne, Belgien, geschossen.