Ostfriesland ist eigentlich wie Venedig. Überall sind Kanäle und Tiefs, ein Netz aus Wasserstraßen überzieht die Ebene. Das ganze Land ist schiffbar. Dafür sorgt vor allen Dingen der Ems-Jade-Kanal, der wie eine Hauptschlagader das Land von West nach Ost durchquert und die großen Hafenstädte Emden und Wilhelmshaven verbindet. Ohne ihn stünde das Land auch komplett unter Wasser. Er sorgt für die Entwässerung und macht das dauerhafte Bewohnen großer Teile der Halbinsel erst möglich.
Denn Moore bedeckten einst ein Viertel von Oldenburg und Ostfriesland, eine größere Fläche als in jedem anderen Teil Deutschlands. Ein trügerisches und gefährliches Terrain, auch für die Hunderte von polnischen Arbeitern, die in der Hauptsache den Ems-Jade-Kanal aushoben. Die ersten systematischen Anstrengungen, die Moore zu bändigen, erfolgten bereits im 17. Jahrhundert im Süden und Westen Ostfrieslands mit der Anlage von Fehnkolonien. Diese zogen sich über mehrere Kilometer immer entlang von Entwässerungskanälen, die im Wesentlichen zum Transport des wichtigsten Energiematerials der damaligen Zeit dienten, dem Torf.
Der Bau des Ems-Jade-Kanals von 1880-1888 hatte vor allen Dingen aber militärstrategische Gründe für die regierenden preußischen Machthaber in Berlin. Auf ihm sollte ursprünglich nicht Torf, sondern Ruhrkohle von Emden zur kaiserlichen Schlachtflotte nach Wilhelmshaven geliefert werden. Was nie passierte, denn der Kanal war einfach zu flach als Transportweg für Marine- und Handelsschiffe: eine gigantische Fehlinvestition. Berühmt auch das dem Reichskanzler Otto von Bismarck zur Einweihung zugeschriebene Zitat: “Wegen einer solchen Kuhrinne begebe ich mich doch nicht ins unwirtliche Ostfriesland.”
Entwässerung und Transport, das sind immer noch die Hauptaufgaben des Ems-Jade-Kanals, der auf seiner 73 Kilometer langen Strecke sechs Schleusen, 15 feste und 26 bewegliche Brücken passiert. Heute sind es aber nicht mehr Torf und Kohle, sondern vor allen Dingen Touristen, die auf den Ausflugsschiffen zwischen Aurich und Emden eine abwechslungsreiche Fahrt durch Ostfriesland genießen. “Wer das Wesen Ostfrieslands kennen lernen möchte und wer die Zusammenhänge zwischen Wasser und Himmel, zwischen Menschen und Moor verstehen will, der kommt um eine Tour entlang des Ems-Jade-Kanals nicht herum”, so formuliert es das Auricher Tourismusmarketing sehr treffend.
MS Stadt Aurich heißt das Ausflugsschiff mit dem es laut Fahrplan losgeht auf Ostfrieslands größter Wasserstraße. Egal ob “Auf großer Fahrt”, einem Tagesausflug bis Emden und zurück, oder “Durch die Schleuse”, die zweieinhalb Stunden dauert: der Blick schweift immer weit übers Land. Besonders gut ist der auf einem Stück, wo das Kanalbett aufgeschüttet wurde und wesentlich höher läuft als die Umgebung. Ein erhebend hoher Ausblick, der oft unvermutet Blickkontakt zu seltenen Wasservögeln oder zu Schaf- und Pferdeherden bietet. Malerische Zugbrücken, die historische Schleuse Kukelorum und die in einzig noch in Betrieb stehende Weft werden auf jeden Fall immer passiert.
Berühmt ist die 1886/87 erbaute und in Europa einzigartige Kesselschleuse in Emden, in der sich der Ems-Jade-Kanal mit dem Emder Stadtgraben und dem Fehntjer Tief kreuzt. Sie besteht aus einem runden Kessel von 33 Metern Durchmesser, an den vier Schleusenkammern sternförmig angeschlossen sind. Die gibt es allerdings nur auf der großen Fahrt zu sehen.
Die MS Stadt Aurich kann man auch für private Zwecke chartern, für den großen Betriebsausflug, das Familienfest oder auch nur als originelle Location, die auf jeden Fall Bewegung in jede Party bringt.

Der NLWKN ist federführend bei einem Gemeinschaftsprojekt der Tourismus-Institutionen Aurich, Emden, Friedeburg, Großefehn, Ihlow, Sande, Südbrookmerland, Wiesmoor und Wilhelmshaven, das höchst informativ alles Wissenswerte rund um den Ems-Jade-Kanal zu einem Wegweiser für Wassersportfreunde, Wanderer und Radwanderer zusammengetragen hat.
Die Broschüre gibt es hier zum Download.