Das erlebt man auch selten: die Versteigerung eines ganzen Schlosses. Für das Prachtstück von Berum fand Friedrich der Große einfach keinen Käufer. So versteigerte der neue Herrscher von Ostfriesland am 19. August 1765 sämtliches Inventar, von kostbaren Möbeln, Spiegeln und Gemälden bis zum Teeservice und Silberlöffel an Meistbietende. Ein Stück nach dem anderen geriet in neue Hände, verteilte sich über halb Ostfriesland und im Laufe der Jahrhunderte wohl in die ganze Welt. Hin und wieder taucht mal wieder ein Objekt auf, entdeckt ein Ostfriese eine Kostbarkeit aus dem alten Schloss Berum in seinem Familienbesitz. Doch darüber hinaus haben sich sämtliche Spuren verflüchtigt.
Der Erlös von allem, was nicht erd-, niet- und nagelfest war, ging übrigens nicht nach Berlin und in die Taschen des alten Fritz, sondern an den König von Dänemark und Norwegen, Christian VI. Ihrem Schwager hatte die letzte und kinderlose Witwe des Schlosses Berum, Sophie Caroline von Ostfriesland, ihr gesamtes Erbe vermacht. Sie war auch der Grund, weswegen Friedrich der Große, der ja immerhin schon 1744 nach dem Tod des letzten männlichen Cirksena-Erben Ostfriesland erhielt, gut zwanzig Jahre mit der Veräußerung warten musste. Denn ihr stand der Witwensitz Berum vertraglich Zeit ihres Lebens zu – und Sophie Caroline lebte lang: sie überlebte ihren Mann um dreißig Jahre. Auch wenn sie bereits 1740 das Schloss Berum verließ und zu ihrer Schwester, der Königin von Dänemark und Norwegen, nach Kopenhagen zog und das Schloss Berum nicht mehr bewohnte, dem Preußenkönig waren die Hände gebunden. Als Sophie Caroline aber 1764 endlich starb, zögerte man keine Sekunde mit dem Vollzug.
Friedrich der Große zeigte besonderes Interesse an den Bäumen des Parks und der Orangerie. In einem Brief an seinen Kammerpräsidenten schreibt er am 25. Juni 1764: „Sonsten sollet Ihr Euch noch erkundigen und sehen, ob unter der von der verstorbenen Fürstin hinterlassenen Orangerie schöne und große Bäume befindlich, welchenfalls ich dergleichen schöne und große Bäume den Erben abkaufen will.“ Knapp drei Jahre dauerte es, dann war das Schloss leer geräumt, alles Inventar verkauft. Am 30. Mai 1768 wurde öffentlich der Rest zum Abbruch und Kauf angeboten:
„Jedermänniglich wird hiermit bekannt gemachet, welcher gestalt … das Schloss, die Berumer Burg zum Abbruch, an den Meistbietenden verkauft werden soll. Es befindet sich darin allerhand Bley, Eisenwerk, Sarksteine, Marmorne, Bremer, grüne und rothe Floren, Balken, Bretter, Stühle, Choren, Canzel, Treppen, Galerien, Bettstellen, Paneelwerk, Schlag-Uhr nebst Glocke, Schiefer-Pfannen und Mauersteine.“
Es dauerte noch ein paar Monate, aber dann war alles weg. Ein kleiner Schutthaufen und Erdhügel blieb noch übrig von dem, was über Jahrhunderte einer der wehrhaftesten und repräsentativsten Residenzen Ostfrieslands war. Das Schloss Berum existierte nicht mehr.

Die Vorburg ist jedoch bis in die heutigen Tage erhalten geblieben. Allerdings nur zum Teil, denn fast die gesamte südliche Hälfte des lang gestreckten Gebäudes ist damals verfallen. Doch was noch da ist, gehört zu den ältesten und größten historischen Bauwerken, die Ostfriesland heute noch vorzuweisen hat. Nach dem Abbruch des Schlosses nahm das Amt Berum im nördlichen Teil der Vorburg seinen Verwaltungssitz ein. Hier tagte das Amtsgericht, hier gab es eine Gerichtsschreiberei, ein Gefängnis und sogar einen ummauerten Gefängnishof.
Als 1932 das Amtgericht Berum mit dem in Norden zusammengelegt wurde, stand die Vorburg zum Verkauf. Neue Eigentümerin wurde wieder eine Witwe, Theda Gräfin von Bismark Bohlen, Gattin des verstorbenen Dodo Fürst zu Inn- und Knyphausen aus dem benachbarten Schloss Lütetsburg. Nach deren Tod erwarben der junge Architekt Hans Heinrich von Oppeln und seine Frau Margit 1970 das Anwesen. Die Burg Berum wurde zu ihrem Lebensprojekt. In Jahrzehnten gemeinsamer Arbeit baute das Ehepaar mit viel Sachverstand und Engagement, in enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz, die alte Vorburg zu einem wahren Schmuckstück aus. Es bietet heute für anspruchsvolle und historisch interessierte Urlauber ein einmaliges Ambiente. Zu den prominentesten Gästen gehörte wohl Bundespräsident Horst Köhler, der gemeinsam mit seiner Frau im Sommer 2006 hier einige Tage in amtlicher Mission als Schirmherr der Seenotretter verbrachte.
Heute ragen uralte Baumriesen in den Himmel über der Burg Berum. Dort, wo einst das gewaltige Wasserschloss stand, erhebt sich nun eine gigantische Rotbuche. Einer der schönsten Landschaftsgärten Ostfriesland befindet sich hier – übrigens frei zugänglich. Es ist ein so genannter „Lost Garden“: ein Garten, der an Verlorengegangenes erinnert. Der umlaufende innere Wassergraben des ehemaligen Schlosses ist längst zugeschüttet, aber der Verteidigungswall der alten Schlossanlage ist zu großen Teilen noch da. In der Mitte des Geländes erhebt sich heute noch ein kleiner Hügel, lässt erahnen, auf welch historisch bedeutendem Gelände man sich gerade bewegt. Eines braucht man auf jeden Fall immer, will man der Vergangenheit des Schlosses Berum an Ort und Stelle nachspüren: die Kraft der Imagination.