Naturspektakel: Der ostatlantische Vogelzug macht Halt am Wattenmeer

12 Millionen Vögel fliegen jedes Jahr zum Wattenmeer. Hier brüten und hier rasten sie und machen vor allen Dingen eins: fressen. In der amphibischen Landschaft an den Küsten der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks finden sie ein wahres Paradies um sich den Bauch voll zu schlagen mit Würmern, Krebsen, Muscheln und Fischen. Sie brauchen Fettreserven vor dem langen Flug, der sie weiter führt zu ihren Winter- oder Brutquartieren in Südafrika oder in Sibirien. Hier im Wattenmeer ist die Drehscheibe des großen Trecks, der sich jedes Jahr wieder auf’s Neue in Bewegung setzt, immer entlang der Küsten des östlichen Atlantiks.ostatlantischer-vogelzug

Der Ostatlantische Vogelzug ist einer der wichtigsten Routen im internationalen Flugverkehr der Zugvögel und sichert den Bestand unzähliger Vogelarten. Genau dieses war auch einer der entscheidenden Gründe für die UNESCO das Wattenmeer zum Weltnaturerbe der Menschheit zu ernennen. Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, von dem auch die Grafik links stammt, feiert dieses Spektakel der Natur seit Jahren im Herbst mit den Zugvogeltagen. Die achten sind gerade zu Ende gegangen und haben in mehr als 150 Veranstaltungen an der niedersächsischen Küste das Thema Vogelzug in den unterschiedlichsten Facetten präsentiert. Alle Ostfriesischen Inseln waren beteiligt – und nicht nur Borkum, das mit seiner Werbung für die Vögeltage auf der Insel im letzten Jahr noch bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Es gab insgesamt 10 verschiedene Programmhefte – allein die sieben Inseln hatten jeder ein separates Exemplar herausgebracht. Dazu kamen noch die drei umfangreicheren der beteiligten niedersächsischen Regionen Ostfriesland, Jadebusen (mit Wangerland) und Cuxhaven.

Ostfriesland Reloaded hat auf den Spuren der Zugvögel einen kleinen Streifzug über die ostfriesische Halbinsel gemacht: war ganz im Westen in Pilsum um mehr über Spektive zu erfahren, hat auf der Insel Langeoog in der Mitte viel über die wissenschaftliche Beringung von Zugvögeln gelernt und war am Ende der neun Tage mit seinem gewaltigen Programm ganz im Osten auf dem großen Zugvogelfest am 16. Oktober in Horumersiel.

Bei strahlendstem Sonnenschein stach dort die MS Jens Albrecht in See zu einer ornithologischen Schiffstour, die nordwärts an Schillig vorbei in die Nordsee führte. Mit an Board der Sonderfahrt zu den Zugvogeltagen waren zwei Experten von der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz, kurz WAU. Werner Menke und Volker Prüter sahen so Einiges am Himmel und im Wasser, was dem Laien ohne Fernglas bestimmt entgangen wäre: Viele Möwen kreuzten den Weg, Lach-, Silber- und Mantelmöwen, auch Schwärme von Eiderenten hoben ab zum Flug über das Wasser. Ein Kormoran und ein seltenes Kornweihenmännchen gab es zu sehen, dann zum Schluß, fast zurück im Hafen, einen ganzen Trupp von Steinwälzern. Für Seeschwalben, die berühmten Langstreckenflieger unter den Zugvögeln, war es leider schon zu spät in der Saison, die hatten sich im wahrsten Sinne schon verzogen…

Nationalpark-Ranger, Naturschutzvereine, Vogelmaler, Naturbuchverlage, die Deutsch-Schwedische Gesellschaft zu Oldenburg, Wissenschaftler und Beringer, die großen Namen der Hersteller von Präzisionsoptik – alle waren sie vertreten im Haus des Gastes in Horumersiel. Ein bunter Trupp, den eines einte: die Liebe oder zumindest das Interesse an den wunderbaren gefiederten Wesen, denen der Himmel ein Zuhause ist.

Die Zugvogeltage sind jetzt vorbei. Doch im Wattenmeer, das zu einem der vogelreichsten Gebiete der Erde gehört, lassen sich zu jeder Jahreszeit Vögel beobachten. Eine besonders schöne Stelle ist das Speicherbecken am Hafen in Neßmersiel, über das sich seit einem Jahr ein Vogelbeobachtungsturm erhebt. Hier kann man den Vögeln nahe kommen, ohne sie zu stören. Zur Zeit ist dort eine Kolonie von Säbelschnäblern zu sehen, die mit ihrem langen, leicht nach oben gebogenen Schnabel das seichte Wasser des Rückhaltebeckens durchflügen. Das Spülsiel des Hafens hält die Wasserstraße nach Baltrum frei, ist aber mit seinem Stausee gleichzeitig auch ausgesprochen attraktiv für Wat- und Wasservögel. Kurz vor Hochwasser schwärmen sie alle ein, denn dann sind ihre Nahrungsflächen im Watt überspült. Einfach mal vorbeischauen!

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